Zum Zeitungsbericht "Die Milchindustrie will mit Millionen Euro den 'Vegan-Hype' stoppen (Die Welt) ein Interview mit Dr. med. Ernst Walter Henrich, Autor des Buches „Vegan – die gesündeste Ernährung aus ärztlicher Sicht“ (edigo Verlag, 2021)
Herr Dr. Henrich, in einem Artikel vom 21.01.2021 berichtet die Zeitung „DIE WELT“* davon, dass der Milchindustrieverband (MIV) gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband und dem Raiffeisenverband einen branchenweiten Werbefeldzug für mehr Akzeptanz und den Verzehr von Milch startet.
Die Welt betitelt den Artikel martialisch „Ein Spezialeinsatzkommando soll den Vegan-Hype kontern.“ Der Geschäftsführer des MIV, Herr Eckhard Heuser, wird in der Zeitung mit den Worten zitiert, die tierische Milch wieder positiv in der öffentlichen Aufmerksamkeit platzieren zu wollen, „(…) und nicht Erbsendrinks und Hafersoßen.“ Die Milchindustrie wolle sich die Milch nicht mehr schlechtreden lassen. Das Budget der Kampagne soll zunächst zwischen dreieinhalb bis vier Millionen Euro jährlich betragen.
Was halten Sie von diesem Spezialeinsatzkommando?
Dr. Henrich: Da die wissenschaftlichen Daten für die gesundheitsgefährdenden Auswirkungen für Milch und Milchprodukte katastrophal bis verheerend sind, versucht die Milchindustrie offensichtlich ihre Profite in einem Akt der Verzweiflung durch ein „Spezialeinsatzkommando“ zu retten.
Wird Milch zu Unrecht „schlechtgeredet?“
Dr. Henrich: Wenn man die wissenschaftlichen Daten zu den negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Milch thematisiert, dann ist das kein „Schlechtreden“, sondern eine notwendige gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung. Das Problem ist vielmehr, dass immer noch die unverschämte Propaganda der letzten Jahrzehnte bei der Bevölkerung wirkt, dass Milch und Milchprodukte gesund und für die Versorgung mit Kalzium unerlässlich seien. Beides ist nicht nur falsch, sondern das Gegenteil entspricht der Wahrheit.
Die landläufige und immer noch weit verbreitete Meinung lautet, dass der Mensch auf Milch und Milchprodukte nicht verzichten kann. Stimmt diese Aussage?
Dr. Henrich: Die Analyse der wissenschaftlichen Daten hat mich zu der Erkenntnis geführt, dass Milch und Milchprodukte die gesundheitsschädlichsten Nahrungsmittel überhaupt sind. Aus diesem Blickwinkel wirkt die immer noch weit verbreitete Meinung, der Mensch könne auf Milch und Milchprodukte nicht verzichten, aus gesundheitlicher Sicht völlig absurd.
In Ihrem Buch „Vegan – die gesündeste Ernährung aus ärztlicher Sicht“ schreiben Sie, dass Milch und Milchprodukte krank machen. Gibt es dafür wissenschaftliche Belege?
Dr. Henrich: Die Belege der Studien von renommierten Wissenschaftlern sind schier überwältigend für die gesundheitlichen Gefahren von Milch und Milchprodukten. Für mich ist es völlig unverständlich, wie man die Dreistigkeit besitzen kann, das genaue Gegenteil zu behaupten.
Ist eine Milchindustrie überhaupt mit dem Gedanken an das Tierwohl vereinbar?
Dr. Henrich: Kann es etwas Schlimmeres und Widerlicheres geben, als eine Mutter regelmäßig unter Zwang zu schwängern, damit der Milchfluss nicht versiegt, und ihr dann jedes Mal das Kind wegzunehmen, damit nicht ihr Kind die Milch trinkt, sondern Menschen? Die natürliche Bindung zwischen Mutter und Kind ist so groß, dass eine Trennung einen extremen Schmerz für Mutter und Kind darstellt. Manche Kühe und Kälber schreien nach der Trennung noch Tage und Nächte in größter Verzweiflung.
In dem Artikel beklagt die Branchenlobby, dass es in der Diskussion über Milch nicht fair zugehen würde. Stimmt das? Eine Großindustrie beklagt sich über mangelnde Fairness?
Dr. Henrich: In diesem Zusammenhang die Fairness zu thematisieren, ist mehr als zynisch. Ist es dem Konsumenten gegenüber fair, wenn man gesundheitsbedenkliche Produkte mit gesundheitlichen Vorteilen bewirbt? Ist es den Tieren gegenüber fair, sie für ein gesundheitsschädliches Produkt leiden zu lassen? Ist es fair, gesundheitsschädliche Produkte mit nur 7 % MwSt. zu belegen, aber die gesündere pflanzliche Alternative mit 19 %? Ist es fair, dem Verbraucher die verheerenden Auswirkungen von Tierprodukten auf Klima und Umwelt zu verschweigen? Ist es fair gegenüber den täglich verhungernden 6.000 – 43.000 Kindern, ihnen das Getreide und das Soja vorzuenthalten und es stattdessen an die „Nutztiere“ in den Industrieländern zu verfüttern?
*Quelle: Die Welt, Ein Spezialeinsatzkommando soll den Vegan-Hype kontern (abgerufen am 21.01.2021)
Hier finden Sie das Interview als PDF zum Download.
Ernst Walter Henrich studierte Medizin in Köln und promovierte 1986 an der medizinischen Fakultät zum Dr. med. Nach seiner naturheilkundlichen Fortbildung erhielt er 1988 durch die Ärztekammer die Erlaubnis zum Führen der Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren“. Er spezialisierte sich auf die Gesundheitsvorsorge, insbesondere gesunde Ernährung und gesunde Hautpflege. Diese Spezialgebiete lehrt er seit vielen Jahren auf Fortbildungsseminaren. Um der breiten Öffentlichkeit die verfügbaren wissenschaftlichen Fakten und Studien über Ernährung kostenfrei zugänglich zu machen, gründete er die als gemeinnützig anerkannte Dr. med. Henrich ProVegan Stiftung (www.provegan.info).
Im edigo Verlag, Köln, veröffentlichte er 2021 das Buch Vegan – Die gesündeste Ernährung aus ärztlicher Sicht, ISBN 978-3-949104-00-8 | 20,00 € (D) | als ebook 15,99 €.